Donnerstag, 18. April 2024

2024

 Die erste Hälfte des April ist überschritten. Dh die Reisekasse ist gefüllt, ich darf mein Leben wieder frei gestalten und schlafe seid zwei Tagen wieder im Zelt. Die Herde besteht dieses Jahr aus Max und Milan, Piz und Pepe, altes Hühnchen und neues Hühnchen, meiner Wenigkeit…. und bald einem Neuzugang.

Das Wetter macht den Start etwas…frisch. Gelegentliche Schneeflocken wirken am ersten Tag noch wie verwehte Obstbaumblüten im eigentlich schönen Himmel. Doch mit der einsetzenden eisigen Windböe wird diese Romantik schnell zerstört und die Realität ist zum Teil wirklich ungemütlich. Vor zwei Wochen hätten wir noch geschwitzt auf unserer Wiese, jetzt ist es das Gegenteil. Doch deshalb mein Zelt gegen ein Haus tauschen? Nein, danke. Ich schlafe so tief wie schon lange nicht mehr. Mit einer Wärmflasche auf der einen und Piz auf der anderen Seite unter der Bettdecke. Zumindest für eines sind die Temperaturen auch gut, sie laden nicht zum faul sein ein. Denn dann wird es zu kalt. Zu tun gibt es noch genug am Anfang einer neuen Saison. Und natürlich warten wir auf unseren Neuzugang.

Diesen Winter, solange der Boden gefroren war, ist Milan mit seinen Vorderbeinen einfach scheisse gelaufen. Anders kann man es nicht nennen. Wie auf rohen Eiern. Mehrmals war der Physiotherapeut da, auf dessen Zauberhände ich gehofft hatte, aber es ergab keine Besserung. Die Klauen schienen in Ordnung, er hatte wohl verspannte Schultern, die der Physio zwar lockern konnte, die sich aber sofort wieder verspannten. Er konnte dann leider auch nur Vermutungen anstellen was das Problem war.



Jetzt hat ja Max schon sein Shivering. Also einen Tick der Hinterbeinmuskulatur, welcher sich so äussert, dass er aus Ruhe heraus tretend oder unter Stress, zwar los laufen möchte, aber nicht kann, weil seine Hinterbeine erstmal ein Eigenleben haben. Sie dehnen sich von selbst nach links oder rechts aussen. Mehrmals hintereinander. Das ist zwar glücklicherweise schmerzfrei, aber ärgerlich und behindernd für ihn. Denn es nimmt ihm die Kraft, seine mittlerweile 920 kg mit Schwung in Bewegung zu bringen. Und es wird von Jahr zu Jahr stärker.

 Bisher konnte ich da dann einfach auf Milan zählen.

Wenn ich aber jetzt im Winter auf den Auslauf meiner Ochsen schaute, dann sah ich einen, der seine Hinterbeine in komischen Bewegungen dehnte, statt los zu laufen, und einen, der mit seinen Vorderbeinen wie auf Eiern lief. Also sah ich: zwei Rentner.

Den Tag, an dem mir das wie Schuppen von den Augen gefallen ist, war ein Tag (oder auch ein paar) voller Tränen. 

Für Kälbchen ist es jetzt definitiv zu spät. Und diese Kurzlebigkeit von Ochsen richtet mich nieder. Drei Jahre mit viel Arbeit bis sie ziehen können, dann das erste Jahr unterwegs voller Aufregung und dann habe ich vier Jahre und muss sie schon auswechseln und mich eventuell sogar von ihnen verabschieden. Das packe ich nicht alle sechs Jahre.

Wenn ich im Vergleich sehe, dass viele der Kutschpferde aus Davos, die beschlagen so viele Tage des Jahres auf Asphalt eine schwere Kutsche ziehen, dies durchaus gut bis über 20 jährig machen, dann denke ich mir, dass ich die falsche Art Zugtier gewählt habe.

Auch wenn mir bei Ochsen das Herz aufgeht und sie es jeden Tag aufs neue berühren. Auch wenn ihre Langsamkeit und ihr Unwille sich zu stressen eigentlich so gut zu mir passen und mir so viel gelehrt hat.

Also hab ich angefangen nach Pferden oder Mulis Ausschau zu halten. Die Entscheidung war gefallen.

Und dann kam Tomte daher. Nach einer neuen spontanen Zwischenidee. Und er ist: ein dreijähriger OCHSE. Original Braunvieh. Mit Hörnern. So lustig. Und mit dem sowieso schönsten Namen aller Zeiten.

Darauf gekommen bin ich durch die Überlegungen, dass früher ja junge Ochsen einfach neben alte Erfahrene gespannt wurden. Und was ist meine Ressource gerade? Zwei alte Ochsen! Also wäre es ja schade, das nicht mal auszuprobieren! Ich hatte ja schon Lothar, einen schon toll trainierten, aber schwer traumatisierten Ochsen, dann hatte ich Max und Milan als Kälbchen als erstes Gespann und jetzt kommt eben ein neuer Abschnitt mit neuer Ochsenerfahrung.

Tomte kennt das Halfter und Spaziergänge (obwohl er zT dabei schamlos ausnutzt, sich alle paar Schritte von einer 🥕 locken zu lassen). Bei meinem Besuch erschien er mir den Menschen erstmal wirklich positiv gegenüber eingestellt, geniesst seinen Sonderstatus und geht deshalb auch gerne weg von der Herde. Und es wurde auf den ersten Eindruck nichts grundlegend falsch gemacht. Ich würde sagen: wirklich perfekte Voraussetzungen!

Mein Besuch bei ihm Anfang März war sehr spannend. Jetzt arbeite ich schon so viele Jahre mit Ochsen, es hat mir aber niemand beigebracht. Mein Wissen entstand im direkten Umgang mit ihnen. Dh aber auch, dass ich nicht weiss, ob meine Tiere schneller «menschisch» gelernt haben und deshalb die Dinge machen, die ich von ihnen verlange, oder ich ihre Sprache. Wenn das erstere stimmt, dürfte Tomte auf meine Signale nicht reagieren. Ich hoffte natürlich auf zweiteres. Und so war es auch. Seine Füsse konnte er zB noch nicht geben, und nach meinem Besuch hat er die Vorderbeine schon super gegeben und für die Hinterbeine war der erste Grundstein gelegt. Auch hat er verstanden, was die Zeichen mit der Peitsche bedeuten. Und damit meine ich nicht Prügel, sondern sie für Signale wie ein verlängerter Arm zu benutzen. Das war eine wirklich wertvolle Erfahrung für mich.

Und dann hat er mich natürlich mit seinem ganzen, so liebevoll -trotteligem Wesen sofort bezaubert. Ochse eben. Ruhige Augen, kein Stress im Körper.

Neben dem, dass Tomte mir vom Wesen total zugesagt hat, waren auch die Möglichkeiten, die im Kontakt mit seiner Besitzerin Lucia (ich darf ihren Namen hier schreiben) entstanden, unkompliziert und super. So kommt Tomte jetzt über den Sommer zu mir, darf lernen und wenn ich im Herbst immer noch meine, auf Pferde umsteigen zu müssen, nimmt sie ihn zurück. Hat dann einen schon trainieren Ochsen und ihn wieder näher bei sich. Sie hat es für sich als Aufgabe gesetzt und die Verantwortung übernommen, ihren Ochsen sein ganzes Leben zu begleiten. Und wenn ich mich nicht mehr von Tomte trennen kann oder möchte, darf ich ihn behalten. Perfekt, findet ihr nicht?

Ich bin so unglaublich gespannt auf die nächsten Wochen. Auf das Training eines noch fast rohen Ochsen, zu schauen wie er sich entwickelt und wann ich mir zutraue mit allen Dreien los zu ziehen. Im Idealfall zieht dann einer meiner alten Ochsen mit Tomte vorne und der andere Alte läuft hinten an der Kutsche angebunden. Der, der hintern laufen darf, bekommt dann noch einen Packsattel mit meinen leeren Kanistern drauf und darf sich auch noch gebraucht fühlen. Und die Alten kann ich dann nach der Hälfte des Tages auswechseln. Vielleicht läuft aber erstmal auch Tomte hinterher. Mal schauen. Ich bin voller Vorfreude und soooo gespannt!!!

Willkommen auf meinem Blog 2024!

Ab jetzt wieder einmal die Woche ein neuer Eintrag.


Donnerstag, 12. Oktober 2023

Querbeet durch die Saison III

 August:

Nur ein Spass. Das ist der offizielle Kutschparkplatz Davos Platz










September:







So kennt man Max und Milan kaum:












Muss auch mal sein. Anhalten, shoppen und weiter.